Mancher Anwender eines säurebasierten Stalldesinfektionsmittels mag sich diese Frage eher mit einem ärgerlichen Unterton gestellt haben.
Sehr viel Grund zum Lachen hat der Landwirt sicher nicht, wenn der Beton sich langsam auflöst oder das verzinkte Stahlblech eine weiße, mehlige Schicht absondert. Es gibt gewisse Grundprinzipien der Chemie, deren Auswirkungen auch im Stallbereich spürbar sind. Dazu zählen unter anderem auch die unterschiedliche Agressivität pH-neutraler oder saurer Lösungen gegenüber üblichen im Stall vorkommenden Materialien.
Empfindliche Materialien Produkte, die ihre Wirksamkeit aus dem Säuregehalt schöpfen, greifen nicht nur die säureempfindlichen Keime an, sondern selbstverständlich auch säureempfindliche Materialien im Stallbereich. Während die meisten Kunststoffe und wohl auch Edelstahl diesen Angriff überstehen, sind Beton ,Kalkstein, Putz oder ähnliches sowie ungeschützter Stahl und feuerverzinkter Stahl, in abgemildeter Form auch Kupfer und Messing, dem Säureangriff ausgelie- | fert. Ph-neutrale Produkte, deren Wirksamkeit zum Beispiel auf ihrem Aldehydgehalt beruht,verhalten sich gegenüber Materialien etwa wie Leitungswasser. Der Wirkstoff bringt keine zusätzliche Aggressivität. In einem Standartversuch kann man die Einflüsse der Produktlösungen auf die Materialien testen. Nach bestimmten Einwirkzeiten der Produkte wir die Gewichtsdifferenz vorher/nachher bestimmt und, auf die Fläche bezogen, als Abtrag in Gramm pro Quadratmeter angegeben. Einen ähnlichen Eindruck vermittelt ein benetzungstest auf feuerverzinktem Stahl, einem üblichen Material bei vielen Blechen, Trenngittern, Lüftergittern und so weiter. Schon nach einer Stunde ist das Blech an der Stelle, an der das säurehaltige Produkt aufgetropft wurde, weiß angelaufen. Dieser Effekt steigert sich, wenn der Kontakt über längere Zeit beibehalten wird. Dagegen zeigt sich kein Einfluß an den Stellen, an denen die Lösung aldehydhaltiger Prodikt aufgetropft wurden. Freie Bahn für die Korrosion Die in solchen Tests erkennbaren Unterschiede in der Materialverträglichkeit lassen auf ein ver- | gleichbares Verhalten in derPraxis schließen. Ist die Verzinkung erst einmal angegriffen, erfolgt ein gnadenloser Angriff auf das blanke Eisen. Aus weißem Belag wird brauner Rost. Selbst Leitungswasser ist auf diesem rohen Material agressiv.Nun ist allein schon diese Tatsache der Materialschädigung durch säurebasierte Stalldesinfektionsmittel kritisch. Hinzu kommt aber noch der Aspekt, daß der Wirkstoff Säure beim Angriff auf das Material rasch abreagiert, was sich in einer sehr schnellen pH-Wertänderung (von sauer nach neutral) äußert. Im Laborversuch ist es praktisch unmöglich, in einem Tropfen eines säurebasierten Stalldesinfektionsmittels auf Putz den ursprünglichen pH-Wert ( ca 2,5) zu messen, den die Gebrauchslösung in einem Reagenzglas hat. Innerhalb von etwa 5 sec beträgt der pH-wert 3,5 nach etwa zehn sec liegt er bei etwas 6 bis 7. Das wirft aber die Frage auf: womit wirkt ein solches Produkt noch gegen die Bakterien, wenn der Wirkstoff neutralisiert ist? Ein aldehydbasiertes Produkt behält auch beim Kontakt mit Materialien den Aldehydgehalt, aber der Wirkstoff des säurebasierten Produktes erschöpft sich in der Reaktion mit dem Material, das angegriffen wird. |